“Die Erwartungen an eine verantwortungsvolle Geschäftsführung der Unternehmen steigen”

 
 

Regulatorische Entwicklungen

 
 

Klicken Sie auf die Weltkarte, um mehr über die regulatorischen Entwicklungen und Gesetze zur menschenrechtlichen Sorgfaltspflicht im jeweiligen Land zu erfahren.

 
 
 
Nationaler Aktionsplan (NAP) Wirtschaft und Menschenrechte                NAP in Erarbeitung  
  NAP verabschiedet  
Gesetze zu menschenrechtlicher Sorgfaltspflicht   Gesetz in Erarbeitung Eingeschränktes oder umfassendes Gesetz in Erarbeitung, noch nicht verabschiedet.
  Eingeschränktes Gesetz verabschiedet   Unternehmen im Geltungsbereich müssen eine eingeschränkte Sorgfaltsprüfung durchführen, die nur bestimmte Themen, Menschenrechte oder Schritte der Sorgfaltsprüfung abdeckt.
  Umfassendes Gesetz verabschiedet Unternehmen im Geltungsbereich müssen eine umfassende Sorgfaltsprüfung durchführen, die die meisten oder alle Themen, Menschenrechte und Schritte der Sorgfaltsprüfung abdeckt.

 

Weltkarte erstellt von focusright, Quellen sind u.a. www.globalnaps.org, www.bhr-law.org und European Coalition for Corporate Justice.
©2024 focusright ltd – zuletzt aktualisiert im Dezember 2024

 

Gesetzgeber & Regierungen

Neue Gesetze: Gegenvorschlag zur Konzernverantwortungsinitiative / VSoTR in der Schweiz, Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) in Deutschland, EU-Lieferkettenrichtlinie (CSDDD) & Co.

Dynamisches regulatorisches Umfeld

In Europa entwickeln sich die rechtlichen Anforderungen für eine menschenrechtliche Sorgfaltspflicht – also eine Pflicht, Prozesse zur menschenrechtlichen Sorgfaltsprüfung umzusetzen, rasch weiter. Länder wie Frankreich, das Vereinigte Königreich, die Niederlande, Deutschland, die Schweiz und die EU haben bereits Gesetze im Zusammenhang mit Wirtschaft und Menschenrechten eingeführt oder sind dabei, sie zu verabschieden. Einen Überblick über die neuesten rechtlichen Entwicklungen finden Sie auf focusright’s Weltkarte und auf dem Portal “Verbindliche Sorgfaltspflichten” des Business & Human Rights Resource Centre. Mehr Informationen zum Gegenvorschlag zur Konzernverantwortungsinitiative (VSoTR) in der Schweiz und zum Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) in Deutschland, finden Sie in unserem Blog.

 
 

Heterogene rechtliche Anforderungen

Im Prinzip beruhen die verschiedenen Regelungen alle auf denselben internationalen Standards, darunter die UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte und die OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen. Wie genau die Unternehmen in den einzelnen Ländern rechtlich verpflichtet sind, ihre Auswirkungen auf die Menschenrechte zu managen, unterscheidet sich jedoch in mehreren wichtigen Aspekten:

  • Rechtsnatur der Regelung

  • Umfang der Massnahmen: Welche Arten von Pflichten sieht das Gesetz vor? 

  • Persönlicher Geltungsbereich: Welche Arten von Unternehmen werden erfasst? 

  • Materieller Geltungsbereich: Welche Menschenrechte sind betroffen?

Übersicht: Gesetze zur menschenrechtlichen Sorgfaltsprüfungsflicht in Europa (Beispiele)

Tabelle von focusright gmbh (2024), basierend auf: European Coalition for Corporate Justice (März 2022), Corporate due diligence laws and legislative proposals in Europe - Comparative table

 

Investoren

Menschenrechtsbezogene Erwartungen von Nachhaltigkeitsfonds, ESG-Investoren und Anlegerinnen

Verantwortung der Investoren und treuhänderische Pflicht

Wie Unternehmen tragen auch Investorinnen und Investoren eine Verantwortung, bei ihren geschäftlichen Aktivitäten und Beziehungen die Menschenrechte zu achten. Die Berücksichtigung von Umwelt-, Sozial- und Governance-Erwägungen (ESG) bei Investitionsentscheidungen wird ausserdem als Teil der treuhänderischen Pflicht der Investoren betrachtet. Denn schwerwiegende Risiken für Mensch und Umwelt können für Unternehmen leicht zu materiellen Risiken werden, die zu Reputationsschäden, rechtlichen Verpflichtungen und finanziellen Verlusten führen. Da die Menschenrechte Teil des "S" in ESG sind, sind das Menschenrechts-Management und die entsprechenden Auswirkungen des Unternehmens für verantwortungsbewusste Anlegerinnen und Anleger zunehmend relevant.

 
 

Strategien zur Ausübung des Investoren-Einflusses

Investoren nutzen verschiedene Strategien, um ESG-Kriterien in Investitionsentscheidungen zu integrieren und Einfluss auszuüben auf Unternehmen, in die sie investieren: 

  • Integration von ESG-Risiken und -Chancen in die Finanzanalyse von Investitionen 

  • Screening von Anlageportfolios nach ESG-Kriterien unter Verwendung eines positiven (Best-in-Class) oder negativen (Ausschluss) Ansatzes oder Screening auf die Einhaltung bestimmter Normen oder Standards durch Unternehmen, um Investitions- oder Desinvestitionsentscheidungen zu treffen 

  • Schaffung von spezialisierten Nachhaltigkeitsfonds oder Fokus auf Investitionen, die eine bestimmte soziale oder ökologische Wirkung haben 

  • Aktiver Austausch mit den Unternehmen, in die investiert wird, um Informationen über deren Menschenrechts- und Umweltleistung anzufordern und in einen Dialog zur Verbesserung der Leistung einzutreten 

  • Aktive Ausübung der Eigentums- und Stimmrechte durch Aktionäre und Aktionärinnen bei der Generalversammlung auf der Grundlage von ESG-Erwägungen

Zunehmende verantwortungsvolle Investitionen

Der Markt für verantwortungsbewusste Investitionen hat in den letzten Jahren ein stetiges und schnelles Wachstum verzeichnet. Ein PwC-Bericht über ESG-Markttrends in Europa (pdf) spricht von einem "Paradigmenwechsel" und prognostiziert, dass bis 2025 ESG-Fondsvermögen über 50 % des gesamten europäischen Investmentfondsvermögens ausmachen könnten. In der Schweiz ist der Markt für nachhaltige Anlagen in den letzten Jahren kontinuierlich mit hohen zweistelligen Raten gewachsen. Auch Grossinvestoren erhöhen den Druck auf Unternehmen, ihre ESG-Leistungen zu verbessern. So kündigte BlackRock, der weltweit größte Vermögensverwalter, im März 2021 an, dass er von den Unternehmen, in die er investiert, zunehmend die Offenlegung und Verbesserung ihrer Menschenrechts- und Umweltpolitik verlangen wird und dass er gegen Verwaltungsräte stimmen wird, die sich nicht dafür einsetzen.

 

B2B: Geschäftspartner & -kunden

Steigende Erwartungen der Geschäftspartner an verantwortungsvolle Lieferketten: Verhaltenskodizes, EcoVadis, Zertifikate & Lieferkettentransparenz

Steigende Erwartungen der Geschäftspartner

Typischerweise erstrecken sich die Erwartungen oder (gesetzlichen) Verpflichtungen zur menschenrechtlichen Sorgfaltsprüfung nicht nur auf die eigene Geschäftstätigkeit, sondern auch auf die Wertschöpfungskette eines Unternehmens. Aus diesem Grund betrifft ein Gesetz über die menschenrechtliche Sorgfaltspflicht nicht nur die Unternehmen, die direkt von ihm erfasst werden. Im Rahmen der menschenrechtlichen Sorgfaltsprüfung werden die regulierten Unternehmen die Erwartungen an das Menschenrechts-Management an ihre Geschäftspartnerschaften und Lieferanten weitergeben. Dies geschieht z.B. durch Verhaltenskodizes für Lieferanten, Umfragen zur Selbsteinschätzung und Fragebögen und den Aufruf zur Teilnahme an Initiativen zur nachhaltigen Beschaffung.

 
 

Beispiel: Ein Lieferant verkauft seine Produkte an das Unternehmen X, das gesetzlich verpflichtet ist, eine menschenrechtliche Sorgfaltsprüfung durchzuführen. Im Rahmen der Sorgfaltsprüfung verlangt der Geschäftskunde X von seinem Lieferanten Informationen über dessen Menschenrechtspolitik und -auswirkungen und fordert den Lieferanten auf, zusätzliche Massnahmen zur Achtung der Menschenrechte zu ergreifen. Auf diese Weise werden die Pflichten zur menschenrechtlichen Sorgfalt über die Wertschöpfungskette weitergegeben.

 
 

Auf diese Weise erhöhen steigende gesetzliche oder andere Erwartungen an die menschenrechtliche Sorgfaltsprüfung den Druck auf die Menschenrechts-Managementsysteme von Unternehmen in der gesamten Wertschöpfungskette, einschliesslich in internationalen Geschäftsbeziehungen. Im B2B-Kontext hilft die Implementierung einer menschenrechtlichen Sorgfaltsprüfung den Unternehmen, die steigenden Erwartungen ihrer Geschäftspartner und Kunden zu erfüllen.

 

Kundschaft & Mitarbeitende

Erwartungen von Kundschaft und Mitarbeitenden an verantwortungsvolle Unternehmenspraktiken

Wachsender Markt für nachhaltigen Konsum

Die Einstellung der Verbraucher zum Thema Nachhaltigkeit verändert sich zunehmend und die Nachfrage nach ethischen Produkten sowie die Bereitschaft, dafür zu bezahlen, steigen. Studien belegen, dass ein grosser Teil der Verbraucherinnen und Verbraucher soziale Anliegen priorisieren und Produkte und Marken bevorzugen, die mit solchen Werten übereinstimmen. Dieser Trend dürfte sich noch verstärken, da jüngere Generationen mit zunehmender Kaufkraft eher bereit sind, Marken aufgrund deren ethischen Werte zu wählen. Untersuchungen über das Verbraucherverhalten der jüngeren Generationen legen nahe, dass sie ihre Kaufentscheidungen eher auf der Grundlage von Nachhaltigkeitskriterien treffen. 

Aktivismus und Boykotte von Konsumentinnen und Konsumenten

Da gewisse Konsumentengruppen versuchen, wirtschaftlichen Druck auf Unternehmen auszuüben, damit sie schädliche Geschäftspraktiken ändern, kann der Aktivismus ethischer Verbrauchergruppen zu Unternehmens- oder Produktboykotten führen. Soziale Medien haben es den Konsumenten erleichtert, Unternehmen öffentlich für das Verhalten ihrer Lieferanten zur Verantwortung zu ziehen. So teilen Online-Aktivisten Kontroversen über Unternehmen rufen zu Boykotten auf, was sich negativ auf den Ruf der Unternehmen auswirkt und Boykotttendenzen verstärkt.

Anwerbung und Bindung von Mitarbeitenden 

In einer Zeit, in der die Generation der Babyboomer langsam aus dem Erwerbsleben scheidet, hat McKinsey den Begriff "war for talent" geprägt, um den immer härteren Wettbewerb der Unternehmen um die besten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu beschreiben. Studien deuten darauf hin, dass mit dem Eintritt der jüngeren Generationen in den Arbeitsmarkt verantwortungsvolle Geschäftsführung einen wichtigen Wettbewerbsvorteil für Unternehmen darstellt, die Talente erfolgreich anwerben und binden wollen.

 

Zivilgesellschaft & NGOs

Kampagnen für Unternehmensverantwortung und die Einführung gesetzlicher Sorgfaltspflichten 

Kampagnen für die Einführung einer gesetzlichen Sorgfaltspflicht 

Zivilgesellschaftliche Allianzen fordern zunehmend Gesetze, die eine menschenrechtliche Sorgfaltspflicht verpflichtend einführen und Unternehmen für Menschenrechtsverletzungen rechtlich zur Verantwortung ziehen. Im Dezember 2019 veröffentlichten über 100 NGOs und Gewerkschaften eine gemeinsame Erklärung (pdf), in der sie sich für eine verbindliche menschenrechtliche Sorgfaltsprüfung auf EU-Ebene einsetzen. Mit dem gleichen Ziel unterstützten in der Schweiz 2020 über 130 NGOs die Konzernverantwortungsinitiative, die das gleiche Ziel verfolgte.

Nachforschungen und Kampagnen gegen schädliche Geschäftspraktiken

NGOs wie das “Business and Human Rights Resource Centre” recherchieren und bieten eine Plattform für (potenziell) betroffene Personen oder Menschenrechtsaktivisten und unterstützen Betroffene dabei, Unternehmen dazu zu bringen, ihre Menschenrechtsprobleme anzugehen. Andere NGOs führen eingehende Nachforschungen durch und decken Fälle von Menschenrechtsverletzungen auf oder führen öffentliche Kampagnen durch, um die Einhaltung der Menschenrechte durch Unternehmen zu fordern. 

 
 

Benchmarks & Ratings

Nachhaltigkeits- & ESG-Ratings und Benchmarks zur Bewertung der Menschenrechts-Performance von Unternehmen 

Bewertung der Menschenrechts-Performance von Unternehmen 

Globale oder regionale Benchmarks, Ratings und Indizes bewerten und vergleichen die Leistung von Unternehmen in Bezug auf Nachhaltigkeit, soziale und ökologische Verantwortung oder Menschenrechte. Der jährlich erscheinende Corporate Human Rights Benchmark beispielsweise beurteilt und bewertet die Berichterstattung über Menschenrechte von 230 globalen Unternehmen. Ihre Leistung wird anhand einer Reihe von Indikatoren bewertet, die messen, inwieweit die Unternehmen die Anforderungen der UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte erfüllen.

 Nachhaltigkeit und ESG-Ratings

Andere Nachhaltigkeits-Rankings messen die Wahrnehmung wichtiger Interessengruppen hinsichtlich der Nachhaltigkeitsleistung bestimmter Unternehmen oder Marken. Umwelt-, Sozial- und Governance-Ratings (ESG-Ratings), wie z.B.  S&P Global ESG Scores, ermöglichen es Anlegern, die nichtfinanzielle Performance von Unternehmen in ihren Entscheidungsprozess einzubeziehen. Die wachsende Zahl von Benchmarks und Ratings ist ein Indiz für das zunehmende Interesse der Stakeholder an der Nachhaltigkeitsleistung von Unternehmen. Sie sind eine wichtige Informationsquelle für Investoren, Unternehmen und Kunden, die wissen wollen, inwieweit Unternehmen ihre Geschäfte mit Respekt für Mensch und Umwelt führen.